Bahnhöfe
Bahnhöfe
Stätten des Widerspruchs
Abschiedsschmerz - Widersehensfreude
Fernweh - Heimweh
Abfahrt - Ankunft
Stätten, wo Menschen
verschiedenster Nationen sich begegnen
Menschen, die nach langer Zeit wieder heimkommen
Menschen, die für lange Zeit von daheim fortgehen
Menschen, die sich nach langer Zeit wiedersehen
Menschen, die sich für lange Zeit trennen
Schienen laufen aus tausend Richtungen zusammen
und trennen sich wieder in tausend Richtungen
Bahnhöfe -
Stätten verschiedenster Gefühle
Ich liebe euch
und doch fürche ich euch
1984
Regen
Regen -
Tropfen um Tropfen fällt und zerplatzt
Der Himmel ist grau
Die Bäume tropfen, die Wege sind nass
Die Vögel frieren
Menschen und Tiere sehnen sich nach der Sonne.
Traurigkeit kommt auf...
Der lang dauernde Regen wirkt so trostlos
Man kann nicht hinausgehen,
um spazieren zu gehen, zu spielen,
einfach in der Sonne zu sitzen.
Eintönig klingt das Prasseln der Regentropfen
Die Straßen sind leer
Nur ein paar Menschen,
die etwas Wichtiges zu besorgen haben,
eilen hastig, mit aufgespannten Regenschirmen
und gesenkten Köpfen die Straße entlang.
1988
Das Telefon
Das Telefon klingelt,
aber niemand nimmt den Hörer ab.
Es klingelt und klingelt,
schrill, aufdringlich, nervtötend.
Es stört die Ruhe dieses stillen Morgens.
Wer ruft da an?
Ist es ein Mensch,
der einfach mal reden will?
Einer, der Hilfe braucht, eine Frage hat?
Ist es jemand mit einer schlechten Nachricht?
Oder vielleicht mit einer guten?
Das Telefon klingelt,
zögernd nehme ich den Hörer ab.
Dieses Klingeln ist immer so spannungsgeladen.
Hallo, rufe ich, und nenne meinen Namen.
Ach, du bist es.
Wie schön, dass du anrufst.
Ich freue mich,
mal wieder mit dir zu reden.
Diesmal hat das Klingeln
mir Freude gebracht.
Doch was bringt es mir
das nächste Mal?
1989
Für Amanda (die Liebenswerte)
Mit einem zarten Hauch hat deine Seele
die meine berührt.
Du hast mir ein Lächeln geschenkt,
eine Berührung.
Wir begegneten uns nur einen Augenblick,
wir kannten uns nicht
und sahen uns nie wieder.
Aber ich kann dich nicht mehr vergessen,
kleines, blondes Mädchen
Amanda
Den Namen gab ich dir in meinem Herzen,
denn du warst "liebenswert, liebend".
So flüchtig diese Begegnung auch war,
sie hat sich unauslöschlich
in meine Seele eingeprägt.
Aus Flüchigkeit wird Ewigkeit.
Es ist, als hättest du den Stempel deiner Seele
in die meine gedrückt
und ihr damit
eine neue Form gegeben.
Du hast sie schöner gemacht.
1991
Warten auf den Frühling
Es ist kalt und still und weiß,
die Natur hält ihren Winterschlaf.
Der See ist erstarrt,
die Bäume sind kahl und nackt,
die Vögel singen nicht.
Wo sind die Blumen, die Wärme, das Leben?
Warten auf den Frühling.
Unsere Seelen berührten sich heute zum ersten Mal,
scheu, schüchtern vorsichtig,
zum sofortigen Rückzug bereit,
und doch offen, bereit, voller Hoffnung.
Gefühle kamen noch keine auf.
Ist der Samen noch in der kalten, starren Erde?
Wird die Liebe keimen und wachsen,
wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen kommen?
Warten auf den Frühling
1991
Sanfter August
Sanfter August
Milchig weißes Licht
Am Horizont verwischende Konturen
Grillen zirpen müde
Schwer sind die Bäume
Zarter Regen
Rieselt aus einem blassgrauen
Himmel
Stille
Helle Lichtpunkte flimmern
Durch das Gründ der Bäume
Bizarre Muster in Grün und Weiß
Sommer
1991
Ein Mann
Er weiß, was er will.
Geht seinen Weg.
Lässt sich nicht aufhalten.
Durch nichts und niemanden.
Ist er sich wirklich so sicher?
Hat er nie Zweifel?
Auch dann nicht,
wenn andere - seine Freunde -
an ihm zweifeln?
Ist es stupide Sturheit?
Oder kluge Festigkeit?
Doch:
Ich sehe in seinen Augen
seine inneren Kämpfe.
Ist er auf dem richtigen Weg,
darf er sich nicht irre machen lassen.
Ist er auf dem falschen Weg,
muss er sich korrigieren lassen.
Aber nur er selbst kann entscheiden,
was er tun muss.
Was er braucht,
ist ein starker Wille, ist Weisheit und
Demut.
1991
Ein Mann ist wie ein Baum.
Nach hohen Zielen strebend
und doch fest in der Erde verwurzelt.
Schützend die Arme ausbreitend
und Geborgenheit schenkend.
Stark, freundlich, väterlich.
Ich liebe die Bäume.
Sie sind meine Freunde.
Ich fühle mich wohl im Wald.
Ich wünsche mir einen Mann, der ist,
wie ein Baum.
Mohnblumen
Zerknitterte Schönheiten
Über Nacht explodiert
Gesprengt die winzige Kapsel
Rot leuchtet ihr der Sonne entgegen
Entfaltet, offen, frei
Verwundert frage ich mich
Wie ihr je Platz hattet
In eurem Gefängnis
Sie rollt auf mich zu
Die Welle der Angst
Wie ein Tsunami
Es gibt kein Entkommen
Zum Wegrennen zu spät
So bleibe ich stehn
Und schaue ihr ins Auge
Sie donnert heran
Mit lautem Getöse
Sturmgepeitscht das Meer
Ich gehe nter
Sinke in die Tiefe
Plötzlich alles still wie tot
Kann nicht atmen
PANIK
Dann tauche ich auf
Die Welle ist fort
Alles ist ruhig, ich atme auf
Vorbei
Das Werk
Der Steinblock nimmt allmählich Formen an.
Des Bildhauers Vision wird langsam sichtbar.
Lange war nur Unförmigkeit zu sehen.
Unverständnis, Ratlosigkeit, Traurigkeit, Angst.
Noch lässt sich das Endergebnis nur ahnen.
Doch ich erkenne, es wird schön.
Atemberaubend, herrlich, entzückend, beglückend.
Geboren aus Schmerz und Feuer,
strahlender Lichtglanz
vernichtet die Schwärze der Nacht.
Es werde!
2018
Zukunft
Die Zukunft -
das unbekannte Land.
Wie dichter weißer Nebel
liegt sie vor mir.
Schritt für Schritt taste ich mich voran.
Wünsche, Hoffnungen, Erwartungen,
Ängste, Befürchtungen, Sorgen
können sie nicht ergründen.
Es kommt immer alles anders als gedacht.
Die Zukunft bleibt ein Mysterium.
Sie liegt in Gottes Hand.
Nur der Augenblick ist mein.
Hier lebe ich. Jetzt.
2018